Nachdem meine Guyana Inspektionsreise aufgrund der Pandemie mehrfach verschoben werden musste, haben wir letzten Monat direkt unsere Tour-Premiere gefeiert. Warum diese neue Fotoreise ein absoluter Volltreffer ist, erfahrt ihr in diesem Blogartikel.
Scarlet Ibisse am Demerara Fluß.
Ich hoffe ihr verzeiht mir die hemmungslose Schwärmerei, aber dieses Land hat es mir einfach angetan! Es ist schwer zu beschreiben, was genau Guyana so einzigartig macht. Sicherlich spielt dabei die Unberührtheit der Natur eine Rolle. Sage und schreibe 85% der Landfläche ist von Regenwald bedeckt. Die Artenvielfalt ist entsprechend groß. Übersetzt bedeutet Guyana „Das Land der vielen Gewässer“ und man ahnt schnell, warum das so ist. Das Boot ist hier das wichtigste Transportmittel und so haben wir viel Zeit auf den Flüssen verbracht. Oft haben wir uns einfach nur treiben lassen. Ganz ohne Motor und störende Geräusche, die sattgrüne Kulisse bestaunend, den vielfältigen Geräuschen des Regenwaldes lauschend. Unsere Guides erkennen die exotischen Vögel schon an ihren Lauten. Was müssen wohl die ersten Europäer gedacht haben, als sie die außerirdisch klingenden Geräusche der Brüllaffen vernommen haben? Das sind die Fragen, die man sich stellt in diesen Momenten der inneren Einkehr. Ich behaupte einmal: dieser Faszination kann sich niemand entziehen. Schon gar kein Mensch, der sich als Naturliebhaber bezeichnet. Und das sind wir doch eigentlich alle.
Guyana wird immer mal wieder gerne mit Costa Rica verglichen. Auch einige meiner Teilnehmer, die beide Länder kennen, haben dies getan. Guyana und Costa Rica bieten auf relativ kleiner Fläche einen erstaunlichem Artenreichtum. Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied: Guyana ist überhaupt nicht touristisch erschlossen. Das beginnt schon bei der Anreise. Die Hauptstadt Georgetown wird international kaum angeflogen, weshalb wir einen Umweg über Suriname nehmen mussten. Und während wir in Costa Rica unsere Urwald-Lodges zumindest noch über unbefestigte Straßen erreichen, da ist in Guyana einfach über viele Kilometer Landfläche nur primärer Regenwald. Erwähnenswerte Städte gibt es überhaupt nur an der Küste und ganz im Süden an der Grenze zu Brasilien. Wenn man eine gerade Linie zieht vom Zentrum des Amazonas, dann landet man ziemlich direkt in Guyana, ohne große Städte und menschliche Infrastruktur. Entsprechend sieht es hier auch aus. Die Drohne offenbart aus der Luft nur sattes Grün bis zum Horizont. Durchzogen wird diese Landschaft lediglich von den Wasseradern Guyanas. Und davon gibt es reichlich, denn Wasser gibt es hier im Überfluss. Zumindest in der Regensaison. Dann treten die Flüsse über die Ufer und überschwemmen ganze Landstriche. In den Seen und Wasserlöchern tummelt sich dann das Leben. Diesen Lebensraum bevölkern unter anderem Kaimane, Riesenottern und der Arapaima, der größte Süßwasserfisch der Welt.
Im September befanden wir uns in der Übergangsphase zur Trockenzeit. Die Flüsse sind wieder etwas klarer definiert und das Navigieren im Boot geht noch recht zügig. Zu dem am weitesten abgelegenen Camp tief im Regenwald, brauchten wir so nur wenige Stunden. Straßen sucht man hier vergebens. Und so ist in Guyana eigentlich jeder Transfer etwas Besonderes. Man hält ständig Ausschau nach Tieren, vor allem nach Vögeln. Besonders in Erinnerung wird mir aus der Kategorie „Transfers“ der letzte Tag im Süden Guyanas bleiben. Im Dunklen bestiegen wir zunächst die Boote unserer Lodge und begannen den „Flughafentransfer“ unter dem funkelnden Sternenhimmel. Hier gibt es keine Lichtverschmutzung und entsprechend eindrucksvoll war diese Kulisse auf dem Wasser mit der Milchstraße direkt über unseren Köpfen. Während der Fahrt endete die Nacht und ging in die Blaue Stunde über. Schließlich konnten wir auch noch die Sonne aufgehen sehen. Ich bin mir ziemlich sicher dieser Morgen wird allen Teilnehmern noch lange im Gedächtnis bleiben. Nach der Ankunft am Ufer warteten dann schon Allradfahrzeuge, um uns zum „Flughafen“ zu bringen. Dabei hatten wir immer ein Auge auf die Savannenlandschaft, um doch noch einen Ameisenbären zu erspähen, was uns vorher leider nicht gelungen war.
Schließlich erreichten wir nach langer Zeit wieder die menschliche Zivilisation. Flughäfen sind in Guyana übrigens auch eine überschaubare Angelegenheit. Meist startet und landet man auf einer grasbewachsenen Landebahn. In diesem Fall waren wir in Lethem an der Grenze zu Brasilien, von wo wir zurück in die Hauptstadt Georgetown geflogen sind. Die Beechcraft gehörte für uns mit einer Kapazität von 19 Personen schon zu den größeren Flugzeugen und sogar die Landebahn ist in Lethem geteert. Zum Glück gibt es in diesem Flugzeug-Modell nur Fensterplätze, denn der Ausblick auf die Regenwälder und Flusslandschaften ist schon etwas ganz Besonderes. Auf unserem ersten Inlandsflug in Guyana hatten wir übrigens eine Cessna exklusiv für unsere kleine Gruppe gechartert und konnten damit zweimal eine Schleife über die Kaieteur Wasserfälle fliegen. Ich erspare euch das fällige Superlativ mit größten, besten, höchsten Wasserfällen. Es ist einfach ein tolles Erlebnis und ein Gefühl von Freiheit und Abenteuer, wie man es sich nicht besser wünschen könnte. Nachdem wir die Wasserfälle ausgiebig fotografiert hatten, ging es noch einmal eine Stunde weiter durch die Lüfte, bis zu einer Landebahn mitten im Nirgendwo. Das Flughafenterminal bestand hier aus einem kleinen Holzverschlag mit Strohdach ohne Wände, in dem ein paar Kinder spielten. Nachdem unser Gepäck auf dem Boot verstaut war, ging es von dort in unsere erste Regenwald-Lodge.
Ein typischer Tagesablauf unserer Guyana Fotoreise sieht es vor mit der Sonne in den Tag zu starten, denn morgens und abends sind die Tiere am aktivsten und das Licht ist am schönsten. Zu diesen Zeiten waren wir meist auf dem Wasser, oder auf einem Urwald-Pfad. Zwischen 11 und 15 Uhr ist die Sonne häufig unerbittlich und wirft zudem noch harte Schatten. Das ist typischerweise die Zeit für Mittagessen, Siesta und Bildbearbeitung. Was mir auch sehr gut gefallen hat, war die Gastfreundschaft, die wir eigentlich überall in Guyana erfahren haben. Ich habe die Menschen in Guyana als interessiert und auch ein bisschen zurückhaltend kennengelernt. Besonders schön an unseren Lodges ist übrigens die Tatsache, dass sie von den örtlichen Gemeinschaften betrieben werden, sodass die Einnahmen auch wirklich dort ankommen, wo sie sollten und man auch mit den Menschen in Kontakt kommt. Alle, die in der Lodge arbeiten, kommen auch aus dem nahegelegenen Dorf, oder zumindest aus der Gegend. Und viele sprechen sogar noch englisch, wodurch die sonst übliche Sprachbarriere wegfällt.
Wer schon einmal im Regenwald war, der kennt auch die Herausforderung in dicht bewachsenen Gebieten Tiere zu beobachten und zu fotografieren. Bessere Karten hat man auf jeden Fall vom Wasser aus, wohin die Tiere zum Trinken und Jagen kommen. In jedem Fall benötigt man ausgezeichnete lokale Guides, um die Tiere aufzuspüren. Zum Glück hatten wir durchweg sehr kenntnisreiche und erfahrene Reiseführer an unserer Seite. Es ist schon erstaunlich, auf welche Entfernung sie Tiere erkennen. Jaguar, Tapir und Ameisenbär waren uns dieses Mal zwar leider nicht vergönnt, aber dafür konnten wir beispielsweise Affenhorden dabei beobachten, wie sie an den Flussufern durch die Bäume hangelten. Und wer sich für die Vogelwelt interessiert, der ist in Guyana sowieso im Paradies auf Erden.
Wir konnten unter anderem einen Felsenhahn (bei schlechtem Licht) und die glutroten Scarlet Ibisse (bei bestem Licht) fotografieren. Auch den größten Vogel der Welt, die Harpyie, haben wir am Flussufer in einem Baum gesehen. Ich persönlich fotografiere Aras und Tukane besonders gerne. Dazu konnten wir immer wieder Fischadler und unzählige Eisvögel, sowie Reiher verschiedener Arten, fotografieren. Die Liste exotischer Vögel sprengt jeden Rahmen, sodass ich es mal hierbei belassen möchte. Unter Birdern genießt Guyana jedenfalls einen extrem guten Ruf und wenn man die Begeisterung der Guides verfolgt, dann weiß man auch welcher davon besonders selten ist.
Natürlich sind Wildlife-Touren wie diese immer auch eine gewisse Wundertüte. Während man es sich in Afrika einfach nur in der Trockenzeit an einem Wasserloch bequem machen muss, um ein wenig abzuwarten, ist es im Regenwald deutlich komplizierter. Vielleicht ist man nur wenige Meter von einem wilden Tier entfernt, aber die dichte Vegetation schützt es vor allzu neugierigen Blicken. Auch hier sind die Flussläufe der ideale Ort, denn man kann sie dort im besten Fall bei der Jagd beobachten. In jedem Fall nimmt man es zwangsläufig so wie es kommt und meiner Erfahrung nach ergeben sich auf jeder Fotoreise einzigartige Momente und Situationen. So war es uns dieses Mal wie gesagt nicht vergönnt in der Savanne einen Ameisenbären zu finden, und auch das Nest der Harpyien nahe unserem Urwaldcamp war trotz einiger Anzeichen der Wiederbelebung nicht aktiv. Dafür ist am letzten Tag in Suriname noch ein rosa Delfin auf der Schwanzflosse direkt an unserem Boot vorbeigetanzt und wir konnten auf dem Demerara-Fluss in Guyana Scharen roter Ibisse im Licht der untergehenden Sonne ablichten. Wir haben Kaimane fotografiert und auch die größte Spinne der Welt (Goliath-Vogelspinne). Zweimal hat sich außerdem ein Ozelot in der Dämmerung am Flussufer gezeigt.
Und wenn man auf das Erlebte zurückblickt, dann bleibt ein wohliges Gefühl der inneren Einkehr und Ruhe zurück, von dem ich Eingangs schon gesprochen habe. Im Grunde müssen meine Teilnehmer bei aufkommendem Stress zukünftig nur die Augen schließen, tief einatmen und an den großen Urwaldriesen zurückdenken, den wir gesehen haben und der uns alle so fasziniert hat. Jahrhunderte hat es gedauert bis er seine Größe erreicht hat und so stand er majestätisch vor uns im warmen Licht der späten Nachmittagssonne. Ganz klar: Es ist der Avatar-Baum! Einfach nur unbeschreiblich schön! Ich würde sagen der Regenwald lehrt uns mit seiner meditativen Ausstrahlung die Kunst der Gelassenheit. Und so konnten wir von dieser Fotoreise weitaus mehr mitnehmen als schöne Bilder.
Ein weiterer denkwürdiger Moment war das Gewitter, welches uns auf dem Rückweg von einem mit Tausenden Wasservögeln besiedelten Feuchtgebiet fast eingeholt hätte. Blitze im Sekundentakt und eine Weltuntergangsstimmung wie ich sie selbst noch nicht erlebt habe. Und das alles nach einem absolut malerischen Sonnenuntergang im Naturparadies! Auch das ist Guyana. Einfach wilde Natur und Abenteuer pur! Und dann sind da auch noch die kleinen Momente. Wie die Gruppen von Schmetterlingen, die man an vielen Orten beobachten kann. Sie haben uns während unseres gesamten Aufenthaltes begleitet. Eine stete Erinnerung an die Leichtigkeit des Seins. Oder die Glühwürmchen, die in der Dunkelheit des Regenwaldes so hell aufleuchten, als wären sie batteriebetrieben. Kurz gesagt: Es liegt eine ganz spezielle Magie über diesem Land.
Wie ihr schon seht, es ist schwer in Worte zu fassen. Ich kann einfach nur jedem empfehlen die unberührte Natur des Regenwaldes einmal im Leben auf sich wirken zu lassen, sich von den Geräuschen des Regenwaldes in den Schlaf wiegen zu lassen, um ihnen am nächsten Morgen wieder andächtig zu lauschen. Für mich waren dies die schönsten Momente: morgens im Urwald, ganz ohne Kamera, dafür mit einem frischen Kaffee in der Hand, den Geräuschen zu lauschen, die es schon lange vor uns gab und hoffentlich auch noch ganz lange nach uns geben wird. So sieht für mich eine wahre Luxusreise aus, denn mit Komfort hat das rein Garnichts zu tun. Es sind Erinnerungen, die uns keiner mehr nehmen kann und die unser Dasein ein Leben lang bereichern werden.