Reisebericht Chile 2022

Martin Skjeldal 05.05.2022

Nachdem wir unsere Patagonien Tour aufgrund der Grenzschließung zwischen Argentinien und Chile aufgeben mussten, ging es für eine auf vier Teilnehmer reduzierte Gruppe also auf eine reine Chile Fotoreise. Der kurzfristig organisierte erste Teil führte uns nach Nordchile in die Atacama-Wüste. Im Nachhinein war es wohl eine Art Bestimmung, denn zehn Jahre nach unserer allerersten Fotoreise war es ein unverhofftes Wiedersehen mit San Pedro de Atacama, der Wüstenoase, die seinerzeit für uns den Auftakt bildete.

Bevor wir aber von Santiago de Chile in die Atacama-Wüste geflogen sind, hatten wir noch einen ganzen Tag für eine meiner absoluten Lieblingsstädte für Streetfotografie. Die Rede ist natürlich von Valparaíso, Hafenstadt und Weltkulturerbe. Die Anwesenheit vieler Künstler ist in den Straßen stets sichtbar und man atmet förmlich die bewegte Geschichte dieser Stadt ein. Vor allem am späten Nachmittag, wenn das warme Licht die bunten Häuserfassaden und Graffitis ausleuchtet, wenn das Spiel von Licht und Schatten seinen Höhepunkt erreicht, dann tauchen spannende Motive im Minutentakt auf und man weiß teilweise gar nicht worauf man sich als erstes stürzen soll. Außerdem sind in Valparaíso immer viele Leute auf den Straßen. Wer mich kennt, der weiß ja ich will immer das Leben fotografieren und so muss man an einer schönen Straßenecke nicht lange warten, bis ein Fußgänger ins Bild tritt und der persönliche „decisive moment“ passiert. Über Valparaíso und das Thema Streetfotografie im Allgemeinen mache ich dann nochmal einen eigenen Blogartikel.

Am nächsten Tag ging es dann weiter nach San Pedro de Atacama. Zwischenzeitlich hatten wir diesen Teil ja aus dem Programm genommen, da es mit dem Tourismus etwas überhandgenommen hatte. Umso mehr sind wir seitdem auf die Zusammenarbeit mit unseren Guides angewiesen, mit denen wir immer wieder neue Fotolocations erkunden, die nicht so überlaufen sind und mit denen wir Wege suchen die Besuchszeiten maximal auszureizen, um das beste Licht nicht zu verpassen. Auf unserer diesjährigen Tour war der Tourismus noch nicht wieder auf Vorkrisenniveau, sodass es insgesamt weniger Probleme mit überlaufenen Fotospots gab. Wir hatten wie immer einzelne Orte ganz für uns allein und die Atacama hat uns mit ihren fantastischen Lichtstimmungen und magischen Farben täglich sehr verwöhnt.

Die absoluten Höhepunkte waren wie jedes Mal die fantastischen Sonnenuntergänge, die die Andenkette in warmes Licht tauchen und eine Atmosphäre und Lichtstimmung erzeugen, die man mit Worten kaum beschreiben kann. So geht jeder Tag mit dem bestmöglichen Licht zu Ende und wir fotografieren dieses Spektakel von unterschiedlichen Standorten rund um San Pedro. Ich muss sagen diese Zeit hat meine Liebe zur Atacama und San Pedro wieder neu entfacht. Genau zwanzig Jahre nach meinem Auslandssemester am selben Ort bin ich sicher es war nicht mein letzter Besuch. Nach sechs ereignisreichen und unvergesslichen Tagen ging es dann also vom Norden Chiles nach Patagonien. Dazwischen liegen rund 3.500 Kilometer und verschiedene Klimazonen. Vom Flugzeug aus kann man das gut beobachten. Nachdem wir die schier endlose, trockenste Wüste der Welt, in der Erdtöne dominieren, passiert haben, wird es schließlich zunehmend grüner. Über die Weinregion in der Nähe der Hauptstadt Santiago und die Seenregion, vorbei an zahlreichen Vulkanen und entlang der endlosen Pazifikküste, tauchen schließlich die ersten Gletscher auf. Die Berge sind nun zunehmend mit Schnee bedeckt und der Drang all dies zu erkunden und zu fotografieren wächst zunehmend.

Am Ende des Tages verlassen wir also das Flugzeug und stehen auf dem Rollfeld in Punta Arenas. Jetzt sind wir dem Ziel Torres del Paine schon ziemlich nah und es tut gut nach der trockenen Wüstenluft nun die frische Brise an der Magellanstraße im Gesicht zu spüren und die reine Luft einzuatmen. Patagonien ist ja das Traumziel vieler Fotografen und wir sollten diese Region in den folgenden Tagen auch in all ihrer Herbstpracht erleben und fotografieren dürfen. Aufgrund eines sehr trockenen Sommers war die Natur dieses Jahr schon etwas weiter und so wurde es farblich auf jeden Fall unsere bislang schönste Patagonien Fotoreise. Auf den Bergen konnten wir schöne Rottöne fotografieren wie ich sie bis dato kaum gesehen hatte. Die Südbuchen mit ihren gelben und orangenen Blättern haben unsere Landschaftsbilder immer wieder veredelt.

Was wir euch auf jeder Patagonien Tour ermöglichen möchten, ist der ikonische Blick auf die Cuernos del Paine am Pehoe See und so haben wir dort auch gleich am ersten Morgen unser Glück versucht. So mancher Besucher muss sich mit einem gewöhnlichen Blick auf das Bergmassiv begnügen, denn Wolken können es auch gänzlich verdecken. Für uns zählt hier an diesem Standort besonders der Sonnenaufgang, denn dann werden die Berge von warmem, teils rötlichem Streiflicht erleuchtet, wodurch sich ein toller Farbkontrast zu den blauen Bergen ergibt. Es sollte nicht gleich am ersten Tag soweit sein, aber ich kann es vorwegnehmen. An unserem letzten Tag im Park kamen wir dem perfekten Moment schon ziemlich nahe.

Auch sonst hatten wir großes Glück und konnten viele Motive unserer „Shotlist“ abarbeiten. Vor allem die Wanderung zu den namensgebenden Torres Türmen endete mit einem unvergesslichen Sonnenaufgang. Und als wäre das noch nicht genug, so konnten wir auch wieder einen Puma aus nächster Nähe sehen, auch wenn er sich nicht so gut fotografieren ließ, denn er hat sich permanent durch Büsche und Wälder bewegt. Besonders amüsiert hat uns seine Route über einen Zeltplatz. Das wäre wohl ein kleiner Schreckmoment für die Zeltbewohner gewesen, hätten sie in diesem Moment ihren Zelteingang geöffnet. Es ist immer wieder etwas ganz Besonderes diesen majestätischen Tieren so nahe zu kommen. Manchmal ist es eben auch das Erlebnis was zählt und unvergesslich bleibt, selbst wenn kein tolles Foto dabei herausspringt.

Was mich in Patagonien und auf anderen Reisen immer wieder fasziniert ist die Tatsache, dass man die Region jedes Mal wieder anders wahrnimmt, neue Höhepunkte erlebt und neue Freundschaften schließt. So war es dieses Mal neben den fantastischen Sonnenaufgängen an den bekannten Aussichtpunkten etwa eine längere Zeit, die wir mit Guanakos in schönstem Sonnenlicht erleben durften, oder der surreale Sonnenuntergang mit dem Paine Massiv vor Augen und unglaublich schönen Wolkenformationen in Pastelltönen auf der anderen Seite. Diese Gruppe konnte definitiv die ganze Dramatik Patagoniens erleben. Es verging kein einziger Tag ohne ein denkwürdiges Ereignis.

Nach unserem Aufenthalt im Torres del Paine Nationalpark war diese Fotoreise aber noch lange nicht zu Ende, denn wir hatten ja noch unsere Walbeobachtung und auch diese hatte es noch in sich! Nachdem wir noch unglaublich viele Kondore auf einem Berg auf einer privaten Estancia beobachten und fotografieren konnten, ging es dann südlich von Punta Arenas auf das kleine Schiff „Tanu“, das für die nächsten drei Tage unsere Basis für die Beobachtung der Tierwelt am Ende des amerikanischen Kontinents war. Bereits zu Beginn und somit ungewöhnlich früh, konnten wir die ersten Wale beobachten. Dieses Mal noch weit entfernt und somit war auch der Sprung aus dem Wasser noch nicht so beeindruckend wie er zu einem späteren Zeitpunkt noch werden sollte. Cape Froward markierte dann wieder offiziell die südlichste Landspitze Amerikas und wir nahmen von dort weiter Kurs auf die abgelegene Insel Carlos III. Sie bildet die Basis für die wissenschaftliche Beobachtung und Erforschung der Buckelwale und anderer Spezies dieser Region. Für die nächsten beiden Nächte quartierten wir uns hier wieder ein in unsere Domos Zelte umgeben von unberührter Natur wie sie in Europa kaum noch vorzufinden ist.

Das faszinierende hier ist die Üppigkeit der Natur, die feucht-frische Luft, die Absenz jeglicher Luft- und Lichtverschmutzung und natürlich die überwältigende Stille. An einem so abgelegenen Ort sein zu dürfen ist eines der größten Privilegien, die wir euch bei Zoom-Expeditions bieten können. Einschlafen zu den Geräuschen der Buckelwale, die in der Bucht ihre Atemzüge machen und sich zudem noch mit Lauten verständigen war sicher ein weiterer Höhepunkt für diese Gruppe, die man zu diesem Zeitpunkt bereits als Glücksgruppe bezeichnen konnte. Für mich persönlich war es auch eine schöne Bestätigung diese Reise allen Unwägbarkeiten zum Trotz auch mit einer kleinen Teilnehmerzahl durchzuführen. Die Grenzöffnung zu Argentinien wurde während unseres Aufenthaltes übrigens für Mai diesen Jahres angekündigt, und so wird unsere Tour im nächsten Jahr wieder wie üblich auf Patagonien beschränkt bleiben. Wobei ich auch sagen kann der Aufenthalt in San Pedro hat definitiv eine alte Liebe neu entfacht und ich kann mir auch vorstellen in Zukunft wieder eine Fotoreise dorthin zu veranstalten. Mit Coco haben wir dort auch einen neuen Guide engagiert, nachdem sich unsere langjährige Reiseführerin Jenny im Zuge der Pandemie anders orientiert hatte. Er hat einen super Job gemacht, war sehr engagiert und hat sich für die weitere Zusammenarbeit empfohlen.

Aber zurück zu den Walen! So nah sind wir ihnen schon lange nicht gekommen und das auch zum wiederholten Male. Es war einfach unglaublich. Wir konnten mit übertroffenen Erwartungen unseren Rückweg nach Punta Arenas antreten, aber der größte Überraschungsmoment sollte uns da noch bevorstehen. In einer Bucht versuchten wir das letzte Mal unser Glück mit zwei Buckelwalen und mit dem buchstäblich letzten Annäherungsversuch unseres Kapitäns Simón wurden wir Zeugen eines Walsprunges direkt neben unserem Schiff. Das Klatschen auf dem Wasser wird so schnell niemand vergessen. Obwohl in diesem Moment alle in die andere Richtung fotografierten und somit kein Walsprung-Foto entstanden ist, so war dieses Erlebnis doch absolut einmalig und der krönende Abschluss dieser Fotoreise. Trotz der Tatsache, dass wir am nächsten Tag noch die Kolonie von Königspinguinen auf Feuerland besucht haben, blieb dieser Schlusspunkt unübertroffen!

Ich kann sagen dies war eine meiner schönsten Reisen überhaupt und meine Teilnehmer sehen das bestimmt ganz ähnlich. Mein herzlicher Dank gilt an dieser Stelle meiner tollen Reisegruppe, die super harmoniert hat und an unsere lokalen Guides Coco und Jürgen, die uns diese vielen fantastischen Momente erst ermöglicht haben. Nach all diesen Erlebnissen freue ich mich heute schon auf nächstes Jahr, denn es gibt immer noch fotografische Ziele, die man verwirklichen kann, egal wie oft man schon dort war! Ich bin schon sehr gespannt was unsere Gruppe dann nächstes Mal erwarten kann von der Wundertüte Patagonien.

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